Stadtmuseum Esslingen - Das Gelbe Haus
Stadtmuseum Esslingen
Präsent mitten am Hafenmarkt in Esslingen befindet sich das "Gelbe Haus". In den oberen Geschossen beherbergt es heute das Stadtmuseum mit sehenswerten Ausstellungen rund um die Stadt und ihre Geschichte. Ebenerdig ist das Café am Museum untergebracht. Auf den ersten Blick ein netter Ort um zu verweilen und dem Museum eien Besuch abzustatten, oder?
Tatsächlich birgt das Gebäude eine über 400 Jahre alte Historie und Bauentwicklung, die es ermöglicht, die Geschichte des Bauwerks und damit auch der Stadt kennen zu lernen. Und nicht nur das. Durch die Entwicklung über die Zeit hinweg, gilt es auch Namen und Familien nicht gänzlich zu vergessen. Diesen Umstand scheinen wir häufig zu ignorieren. Architektur ist nur schön, effizient, ökologisch, historisch, opulent oder repräsentativ, weil Menschen dahinter standen oder stehen, welche die Entwicklung und Wirkung maßgeblich mitbeeinflussten und beeinflussen.
Bebauung ab dem 13. Jahrhundert
Die Architektur reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Der Kernbau mit dem Erker aus staufischer Zeit ist der einzig erhaltene Wohnraum aus dem 13. Jahrhundert. Solche gewaltigen Steintürme mit Erkern dienten den Menschen damals zum Schutz. Der Eingang lag häufig mehrere Meter über dem Boden und eine mobile Treppe konnte bei Gefahren, Kriegen oder Belagerungen eingezogen werden. Man bezeichnet diese Türme auch als sogenannte Geschlechtertürme. Sie entstanden ursprünglich im Hochmittelalter, und dienten einflussreichen städtischen Familien als Wohn- und Schutzraum.
Das Gelbe Haus
1630 wurde das Gelbe Haus für 1074 Gulden von den beiden einzigen überlebenden Kindern des Mathias Herwarth, Truchseß des Herzog Friedrichs von Württemberg, an den Wirt Michel Romay verkauft. Bis 1639 war es in seinem Besitz und seines Bruders Jakob. Uber die nächsten Jahrhunderte hinweg tauchen in der Historie immer wieder Familiennamen und neue Besitzer auf. Ab 1734 bis 1785 befand sich das Gelbe Haus, aber auch das Nachbargebäude, im Besitz der Familie Schloßberg.
Darauffolgend schmückten der Jurist Erhard Friedrich Weinland und seine Frau Johanna Maria, den Eingang mit ihrem Wappen und dem lateinischen Spruch "Hominibus non,Deo confide." (Nicht den Menschen, Gott vertraue.). Darüber hinaus hielt Weinland fest, dass das Gelbe Haus nun Familienfideikommiss sei. Dies bedeutet, dass das Gebäude immer nur einer Person vererbt werden durfte und nicht verkauft werden konnte. Bis 1963 wurde das Gebäude in der Familie Weinland weitergegeben. Erst nach dem Auguste Weinland kinderlos verstarb, ging das Gelbe Haus in den Besitz der Stadt Esslingen über.
Der Hafenmarkt 7
Etwa jünger als das Gelbe Haus, ist das Gebäude am Hafenmarkt 7. Dennoch entwickelte sich die Geschichte(n) innerhalb dieses Gebäudes parallel zu der des Gelben Hauses ab ca 1700. An dieser Stelle wird die Entwicklung der beiden Häuser nun mehr als deutlich. Helena Sophia Schloßberg kaufte 1734 das Gebäude am Hafenmarkt 7 zum Gelben Haus dazu. Doch schon 1785 verkaufte sie beide Häuser wieder. Das Gelbe Haus an den Juristen Weinland, das Haus am Hafenmarkt an Maria Katharina Schumann.
Ihr Familie, genauer, der Ehemann ihrer Enkelin, Christian Gottlieb Schöllkopf, eröffnete die erste mechanische Baumwollspinnerei in Esslingen und brachte das Familienwappen über dem Haupteingang an.
Doch damit noch nicht genug. 1837 kaufte das Gebäude Jakob Ferdinand Schreiber und erhöhte das Haus um ein Geschoss. Die Vergrößerung des Gebäudes ermöglichte so mehr Wohnraum und zugleich die Unterbringung eines Verlages. Zu dieser Zeit wurde die Beletage auch im Stil der Gründerzeit ausgeschmückt.
1912 wurde das Haus zum offiziellen Polizeigebäude der Stadt Esslingen.
Erst nach grundlegenden Sanierungen wurden die Gebäude am Hafenmarkt 7 und das Gelbe Haus 1989 zum heutigen Stadtmuseum.
Von Stammbäumen und der Historie zweier Gebäude
Puuuh! Denkt ihr euch jetzt bestimmt. So viele Namen, so viele Verkäufe, Verträge und neue Bewohner der beiden Häuser. Ist es im Endeffekt nicht egal, wer wann welchen Teil kaufte und wieder vererbte?
Nein! Darauf habe ich ganz zu Beginn dieses Beitrags abgezielt. Wie jedes Bauwerk sind die beiden Häuser Menschen gemacht und von Menschen verändert. Erst durch das Bewusstsein, dass die Veränderungen an der Fassade und in den Innenräumen mit der Zeit vorgenommen wurden und damit auch die Geschichte der jeweiligen Zeit und der zugehörigen Person erzählen, können wir ein Verständnis für erhaltenswerte Güter entwickeln.
Durch die Umnutzung und die Einflüsse der Jahrhunderte findet sich beispielsweise auch aufwändiger Stuck im Stadtmuseum. Das Patrizierzimmer im Stadtmuseum Esslingen ist reich verziert. Der große Raum, mit Parkettboden ausgelegt, verfügt über eine detailliert ausgestaltete Stuckdecke.
Leitet sich der Begriff Stuckateur von dem Wort Stuck ab?
Na klar, die beiden haben unweigerlich miteinander zu tun. Wenn wir aber von Stuck in der Architektur sprechen, dann meinen wir zumeist jedoch die plastischen Verzierungen an der Wand oder Decke und unbedingt das was wir in einem modernen Gebäude unter Stuck verstehen.
Das Wort Stuck leitet sich vom italienischen "stucco" ab und ist zunächst einmal die plastische Ausformung von Mörteln aller Art. Das Material härtet durch Trocknen aus und kann somit für dekorative Zwecke verwendet werden. Seit der Antike ist Stuck eine wichtige Technik für die Gestaltung von Innenräumen und Fassaden. Eine ganz besondere Stucktechnik ist das Sgraffito. Stuck kann von einfacher Fassadengestaltung wie Gesimsen bis zu großflächigen, plastischen Wand- und Deckengestaltungen mit opulenten, plastischen Formen reichen. Vor allem im Barock und Rokoko wurden Decken und große Teile der Innenarchitektur mit Stuck versehen und erweiterten, so dass die Dekoration über Möbel und Bilder hinaus reichte. Der Beruf des Stuckateurs glich zu dieser Zeit mehr dem eines Künstlers. Sie waren wichtige Mitgestalter von profanen und sakralen Innenräumen. Durch die enge Zusammenarbeit von Architekten, Malern und Bildhauern, gelten Stuckateure ebenso als Künstler.