Ebershaldenfriedhof Esslingen

Historische Herleitung

Ebershaldenfriedhof

Bei einer der regelmäßig stattfindenden Führungen des Geschichts- und Altertumsvereins Esslingen e.V. war ich auf dem Ebershaldenfriedhof. Unter dem Titel “Grabmale als Zeugen der Stadtgeschichte" wurde der Friedhof mit seinen Grabmalen unter einem ganz besonderen Aspekt beleuchtet.

Dabei wurde klar, dass Friedhöfe wie auch der Pragfriedhof in Stuttgart nicht nur Orte der Ruhe und des Friedens sind. Vielmehr bilden sie ein Abbild der Gesellschaft über mehrere Jahrhunderte ab. Dies gilt auch für den Ebershaldenfriedhof in Esslingen.

Ebershaldenfriedhof

Bis Mitte des 18. Jahrhunderts befanden sich alle Esslinger Friedhöfe innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern. Seit dem Mittelalter wurden Menschen um die Stadtkirche St. Dionys, an der Agnesbrücke und weiteren innerstädtischen Friedhöfen beerdigt.

Veränderungen wurden erst durch die Gründung des Königreich Württemberg hervorgebracht. Es entstand am 1. Januar 1806 als souveränes Königreich auf Betreiben des französischen Kaisers Napoleon I. Im sogenannten Code Napoleon, heute mehr bekannt unter dem Namen Code civil, wurde festgelegt, dass keine Bestattungen mehr innerhalb der Stadtmauern stattfinden durften. Darüber hinaus veränderten sich grundsätzlich die hygienischen Erkenntnisse und gesundheitspolizeilichen Überlegungen. Zusätzlich bestand ein massiver Platzmangel innerhalb der Stadt.

Am 02.04.1844. fand daher die erste Bestattung auf dem Ebershaldenfriedhof in Esslingen statt. Heute sind 11000 Gräber auf dem Areal untergebracht. Ebershaldenfriedhof

8 Hektar Fläche misst der Friedhof heute, wobei er im Laufe der Zeit immer wieder erweitert wurde. Zunächst wurde die Mauer errichtet, darauf folgte der Staketenzaun. Alter Baumbestand vervollständigt die Parkanlage.

Neben der Einsegnungshalle befinden sich einige Gräber auf dem Friedhof, die von der Geschichte der Stadt Esslingen erzählen.

Bestattungshalle

Ebershaldenfriedhof

Erst 1902 entstand nach Entwürfen des Stadtbaumeisters Keppler die heutige Bestattungshalle auf dem Ebershaldenfriedhof. Doch zunächst wurden seine Entwürfe nicht mit voller Stimmung aus der Bevölkerung angenommen. Beeinflusst durch Eindrücke aus Italien, sollte sein Bau im Stil der italienischen Renaissance errichtet werden. Stimmen aus der Bevölkerung befürchteten jedoch einen Stilbruch gegenüber den mittelalterlichen Sakralbauten der Altstadt. Der esslinger Architekt Hermann Falch legte einen Gegenentwurf im Stil der Neogotik vor. Erst nach längerem Gutachten wurde letztendlich doch der Entwurf Kepplers realisiert.

Ein monumentaler Kuppelbau erhebt sich in leichter Hanglage über dem Friedhof. Er befindet sich in einer Achse zu den später entstandenen Kriegsdenkmälern des 1. und 2. Weltkriegs.

Für das heutige Aussehen der Bestattungshalle waren Bürger:innen Esslingens maßgeblich beteiligt. Zahlreiche betuchte Bürger:innen spendeten für die angemessene Ausstattung des Bauwerks: So bezahlte der Fabrikant Huttenlocher und Bäckermühlenbesitzer Brodbeck die Engelsfigur, die die Kuppel schmückt.

Herrliche Jugendstilfenster sind bis heute erhalten geblieben. Unter anderem schmücken drei Frauen die Fenstermotive in der Apsis. Sie stehen für Glaube, Liebe und Hoffnung. Ein weiteres zeigte eine antike arkadische Landschaft mit Tempel, das andere ein antikes Feuergefäß. Die Jugendstilfenster, die Theodor Lauxmann entworfen hatte, wurden von zehn Glasermeistern gratis hergestellt. Die Fenster, ebenso wie der Engel auf dem Dach und die schmückende Innenarchitektur entstammen der Hand Theodor Bauschs. Er war Bildhauer und Hochschullehrer an der Königlich Württembergischen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart.

Bereits im früh im 20. Jahrhundert folgte auch die Errichtung eines Krematoriums. Den ersten Entwurf für einen solchen Bau lieferte der Architekt Albert Benz, seine Pläne wurden jedoch verworfen. Schließlich erhielt die Apsis der Bestattungshalle eine Versenkvorrichtung, durch einen unterirdischen Gang gelangten die Särge in die Verbrennungsöfen hinter der Halle. Der Kamin erhielt die Form eines Obelisken.

Ebershaldenfriedhof

Details

Ebershaldenfriedhof

Alpha und Omega befinden sich deutlich ersichtlich im Tympanon der Bestattungshalle auf dem Ebershaldenfriedhof in Esslingen. Als gemeinsames Zeichen bilden Sie einen Kreis und vervollständigen damit auch symbolisch ihre Bedeutung. Die beiden Buchstaben deuten auf das Umfassende, auf Gott und insbesondere auf Christus als den Ersten und Letzten. Die Inschrift “Friede sei mit euch” - Pax vobiscum (Gruß in der katholischen Messliturgie) steht in großen Buchstaben über dem Eingang zur Bestattungshalle. Obelisken, Kandelaber und Urnen befinden sich an den Eckpunkten des Baus.

Ebershaldenfriedhof

Ebershaldenfriedhof

Die Bronzetafeln neben dem Eingang wurden von dem Verleger Bechtle und von Marie Kessler geb. Kienlin sowie Sophie Benzinger geb. Sick finanziert. Links und rechts des Eingangs befinde sich diese zwei Relieftafeln. Links ist eine Mutter, die ihr Kind im Arm hält, zu sehen. Sie symbolisiert das Leben und die Geburt. Darunter befindet sich die Inschrift: “Oh lieb solang du lieben kannst.” von dem deutschen Dichters Ferdinand Freiligrath. Das linke Relief zeigt einen alten Mann. Er verdeutlicht das Ende des Lebens und verkörpert den alten Menschen. Es befindet sich eine Zeile aus dem Gedicht “Über allen Gipfeln ist Ruh” von Johann Wolfgang von Goethe darunter.

Ebershaldenfriedhof

Ebershaldenfriedhof

Grabmäler

Der Gebäudekomplex auf dem Ebershaldenfriedhof in Esslingen ist beispielhaft für die Monumentalbaukunst des Späthistorismus in der Friedhofsarchitektur und daher seit 1986 ins Denkmalbuch eingetragen. Ebenso wie das Gebäude spiegeln die Grabmäler dieses Friedhofs in hervorragender Weise die Geschichte der Friedhofskultur von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit wieder und erzählen von Menschen der Stadt Esslingen.

Dieser Abschnitt ist mir persönlich sehr schwer gefallen.

Ursprünglich wollte ich einigen Grabmalen des Ebershaldenfriedhofs einzelne Beiträge widmen. Aber während des Schreibens wurde mir klar, dass ich gar nicht so recht selektieren konnte, welche Grabmale und damit zusammenhängende Familiengeschichten ich nehmen sollte. Wer ist wichtig? Warum bekommen manche Grabmale einen eigenen Beitrag und manche habe ich nicht mal fotografiert…. Zeugen der Zeitgeschichte sind ja schließlich alle Gräber.

Friedhöfe sind fester Bestandteil unserer Städte und Gemeinden. Sie sind Orte kollektiven und individuellen Gedächtnisses – als emotional besetzte Orte und als steinerne Archive. …aus diesem Grund möchte ich euch in meinem letzten Post über den Ebershaldenfriedhof eine kleine Auswahl zeigen, von Grabsteinen oder Zierelementen - unabhängig von Alter und zugehöriger Familie.

Ebershaldenfriedhof

Anstatt die Zusammenhänge von Menschen - Grabmälern - Stadtgeschichte aufzuschlüsseln, versuche ich hier nur einer Frage nachzugehen: Warum befinden sich auf so vielen Grabmälern trauernde Gestalten in Form von Skulpturen oder Plastiken?

Ebershaldenfriedhof

Ebershaldenfriedhof

Ebershaldenfriedhof

Ebershaldenfriedhof

"Auch die Trauer ist schön …" schrieb Friedrich Schiller einmal.

Die "Trauernde" ist eine der häufigsten und kulturhistorisch Grabmalfiguren des bürgerlichen Zeitalters. Wie kaum eine andere Figur verkörpert sie den "sanften Tod", der diese Epoche auf den Friedhöfen repräsentiert.

Diese sogenannte Sepulkralfigur wurde im späten 18. Jahrhundert mit den Bildhauern des Klassizismus eingeführt. Zunächst war diese Figur rein weiblich konnotiert als Habitus weiblicher Trauer in geschlechtsspezifischer Rollenzuweisung. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt auch männliche Trauernde dargestellt.

Ebershaldenfriedhof

Ein persönlicher Tipp von mir: nehmt die öffentlichen Führungen des Geschichts- und Altertumsvereins Esslingen e.V. auf dem Ebershaldenfriedhof wahr. Neben tiefer gehendem Wissen unterstützt eine solche Führung auch, eine andere Wahrnehmung von Friedhöfen zu fördern. Ich persönlich bin am Ende mit einem Gefühl von Ehrfurcht nach Hause gegangen.