Pressenfabrik Fritz Müller in Esslingen

Pressenfabrik Fritz Müller

Industriebau? Was soll daran besonders sein?

Industriebauten existieren, wie das Wort auch schon impliziert, ab dem 18. Jahrhundert mit dem Aufkommen der Industrialisierung. Es handelt sich dabei fast immer um die Gesamtheit der Gebäude eines Industrieunternehmens, die für die Produktion, Einlagerung und der Vertrieb genutzt wurden. Die Gebäude wurden damals für reine Produktionsvorgänge vorgesehen. Bei dieser Beschreibung stellt man sich sofort Charlie Chaplin in seinem Film "Moderne Zeiten" vor, wie er am Fließband seiner Arbeit nicht mehr nachkommt. Dieser Gedanke ist einleuchtend, wird der Architektur solcher Gebäude jedoch nicht gerecht.

Mit der fortschreitenden Industrialisierung veränderte sich auch der Anspruch an die Architektur. Oder vielmehr - durch die Veränderung der Ansprüche an die Architektur, veränderte sich auch der Beruf des Architekten und spaltete sich auf in zwei unterschiedliche Berufsgruppen: den Architekten und den Ingenieur.

Große Gebäudekomplexe mussten errichtet werden, mit funktionalem Zweck. Gleichzeitig sollte die Ästhetik nicht vergessen werden. Die Vereinigung dieser beiden Disziplinen ist es übrigens, die Industriebauten so spannend machen. Bis heute versuchen namentliche Firmen, wegweisende Architektur zu erschaffen, die gleichzeitig den Fertigungsprozessen den nötigen Raum bieten kann.

Einen ähnlichen Anspruch galt es auch an die Pressenfabrik Fritz Müller in Esslingen gelten zu machen. Rationale und funktionale Anforderungen an die Architektur sollten der Ästhetik nicht unterliegen.

Pressenfabrik Fritz Müller

Der vergessene Architekt

Jetzt aber zum vergessenen Architekt Philipp Jakob Manz (*2.Dezember 1861 in Kohlnerg; †2.Januar 1936 in Stuttgart). Manz lernte Architektur und des Bauhandwerk an der Königlichen Württembergischen Baugewerkschule Stuttgart. Fortschrittlich für diese Zeit, lernten Studenten hier neben dem praktischen Unterricht auch schon die praktische Orientierung am Bau. Geprägt von seinem Lehrer Otto Tafel, interessierte sich auch Manz im Speziellen für Industriebaukunst und Fabrikarchitektur. Wie die Architektur selbst, waren auch die Arbeitsweisen und Baupläne Manz' durchaus zukunftsweisend.

Kurz vor 1930 entwickelte sich die technische Form durch den Bauhausstil zum Ausdrucksmittel einer neuen Ästhetik und Kultursymbol im Gewerbebau. Sich dieser Bewegung anschließend, entwickelte der Architekt eine Gestaltung von Gebäuden, hauptsächlich industrielle Produktion, die beides waren: Funktionsbau und Medium zur Vermittlung von Identität, Werten und Tätigkeit des Unternehmens.

Vor allem in den USA und Großbritannien war diese Dualität bei industriellen Gebäuden schon weit verbreitet. Wegen der Trennung von architektonischem Entwerfen und technischem Ingenieurwissen fehlte es an freiberuflich tätigen Industriearchitekten. Manz entschloss sich, als junger Architekt, die Grundlagen vor Ort zu erkunden. In den USA lernte er die moderne Betriebswirtschaft und Forschung zur Rationalen Baupraxis näher kennen und wendete sie als einer der ersten „Unternehmerarchitekten“ in Deutschland an.

Seine Arbeitsweise und sein Vorgehen machen Philipp Jakob Manz zum Wegbereiter und konsequenter Verfechter des funktionalen Bauens. Seine Arbeiten gaben wesentliche Impulse für die Moderne in der Profanbaukunst. Durch die stetige Veränderung in der Wahrnehmung von Ästhetik, dem Fortschritt durch das Bauen des Bauhauses und damit auch der Veränderung von Gebäuden, geriet Manz weitgehend in Vergessenheit. Bis heute werden seinen Bauten nur wenig Beachtung geschenkt und die Forschung beschäftigt sich mit präsenteren Namen der Architketurgeschichte.

Pressenfabrik Fritz Müller

Pressenfabrik Fritz Müller

Die Pressenfabrik Fritz Müller

1910 entstand das Gebäude der Pressenfabrik Fritz Müller in Esslingen am Neckar. Sie verdeutlicht im wesentlichen seine Arbeitsweise. Klare Linien und rechteckige Baukörper geben die Form des Gebäudes vor. Wiederholende, moderne Rechteckfenster strukturieren die Fassade und lassen gleichzeitig viel Licht in die Arbeitshalle. Der repräsentative Eingang verweist auf die Identität des Unternehmens und die Fabrikhalle erhält dadurch einen individuellen Ausdruck.

Auch die Begrünung um die Fabrik war ein Teil des geplanten Gebäudekomplexes.