Die Villa Pebra in Esslingen

Esslingen und seine Villen

Liest man Artikel, Berichte oder Touristenführer, so schwärmen sie immer von der Esslinger Altstadtidylle, den Fachwerkbauten, die Geschichte erleben lassen und dem historischen Kern, der die Geschichte der Stadt wieder und wieder erzählt.

Als gebürtige Esslingerin, gehe ich häufig durch die Straßen, Gassen und Schleichwege - und ja ich muss zugeben, die mittelalterlich anmutenden Häuser mit ihrem farbigem Fachwerk erwecken immer wieder einen pittoresken, malerischen Eindruck hervor. Ich kann verstehen, dass die Stadt auf Reisende einen ganz bestimmten Charme auswirkt.

Aber darüber hinaus hat Esslingen noch so viel mehr architektonische Besonderheiten zu bieten. Man muss sie eben nur sehen!

Das gilt vor allem für die vielen Villen, die durch die ganze Stadt immer wieder zu finden sind. Esslingen verfügt über eine Vielzahl von Fabrikantenvillen, wovon die meisten um 1900 entstanden. Warum so viele Villen in Esslingen entstanden hat unterschiedliche Gründe. Ein Hauptgrund ist aber sicherlich die Industrialisierung und den Stellenwert Esslingens.

Tatsächlich siedelten vermehrt Wirtschaftspioniere nicht Stuttgart oder Ulm an, sondern suchten sich Esslingen als Ort der Arbeit und des Wohnsitzes aus. Grund dafür war die Entwicklung des ersten und stärksten Motor der industriellen Entwicklung im Königreich Württemberg. Darüber hinaus hatte Esslingen einen klaren Vorteil durch die Lage am Neckar. Dessen Wasserkraft wird teilweise noch bis heute genutzt. Firmen wie der Messerhersteller DICK oder die Esslinger Maschinenfabrik, der damals Gigant als größtes Industrieunternehmen der Welt war, erzählen eine Geschichte, an die sich heute noch moderne Firmen anlehnen wollen.

Die Villa Merkel ist vermutlich heute das berühmteste Beispiel für eine Esslinger Villa und bekannt als Städtische Galerie sowie für die Ausstellung zeitgenössischer Kunst (keine Sorge, hierzu kommt auch noch ein Beitrag). Aber viele weitere Villen entstandenen nach einem ähnlichen Konzept. Bei vielen mussten die Gärten und Parkanlagen weichen oder die Umgebung veränderte sich so massiv, dass sie zwischen Hochhäusern, Neubauten und Schnellstraßen kaum noch auffallen. Aber viele Villen existieren noch und sind es ebenso wie die Fachwerkgebäude wert, einen Moment inne zu halten und ihre Baukunst zu bestaunen.

Villa Pebra

villa Pebra

Eines meiner absoluten Lieblingsgebäude in Esslingen ist die Villa Pebra. Sie befindet sich der östlichen Innenstadt und scheint zwischen den anderen Gebäuden fast ein wenig zu verschwinden. Im Jahr 1894 von Franz Schäffler erbaut ist sie im Stile des Historismus errichtet. Es finden sich Stilelemente des Neubarocks und der Neurenaissance an der Fassade. Ursprünglich wurde das Gebäude als Fabrikantenvilla gestaltet und bis 2010 immer wieder als Ausstellungsraum genutzt. (Die Innenräume waren im selben Stil gestaltete und vor allem die Mosaikböden werteten das Bauwerk zusätzlich auf.) Das Beeindruckendste ist die Atlantin in Menschengröße, die sich am Pfeiler des Eingangs anzuschmiegen scheint. Erhaben blickt die Figur auf Besucher herab und hat neben den tragenden Funktion auch noch einen repräsentativen Charakter. Zudem schmückt das Haus einen Runderker, der darunter mit einem Maskaron verziert ist.

villa Pebra

villa Pebra

Was ist eigentlich ein Maskaron?

Ein Maskaron (Achtung! männlich!) kommt aus dem französischen und bedeutet übersetzt Fratzengesicht. Es handelt sich dabei um fantastische oder groteske Masken. Sie können Schlussstein sein, aber auch eingearbeitet in Tür- oder Fensterbögen sein oder als Wandverzierung auftauchen. Sie sind ein gängiges Element in der Fassadenverzierung

villa Pebra

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