Die Kunsthalle Karlsruhe
Im November 2023 war ich zu einem Insta-Walk in die Kunsthalle Karlsruhe eingeladen. An dieser Stelle nochmals ein Dankschön an das Team der Kunsthalle Karlsruhe, den netten Empfang und die tolle Führung durch den Kaufmännischen Geschäftsführer Florian Trott. Er leitet uns durch das Gebäude und bot uns Einblicke, die normalerweise im Verborgenen liegen. In diesem Beitrag möchte ich euch mitnehmen durch die Kunsthalle Karlsruhe und euch teilhaben lassen an diesen wunderbaren Bildern.
Die Sanierung
Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe ist seit dem 01.01.2021 für eine mehrjährige Sanierung für bauliche Veränderungen geschlossen.
Ende 2017 hat das Land Baden-Württemberg einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben, mit dem Ziel, die aus unterschiedlichen Jahrhunderten stammenden Gebäudeteile zusammen zu führen, den ungenutzten Innenhof nutzbar zu machen und eine unterirdisch Passage zwischen zwei Gebäudeteilen zu ermöglichen.
Das von Heinrich Hübsch in den Jahren 1836 bis 1846 als Großherzogliche Gemäldegalerie errichtete und in mehreren Ausbauphasen erweiterte Gebäude gehört zu den ältesten Museumsbauten Deutschlands.
Die Zusammenführung aus unterschiedlichen Gebäudeteilen verschiedenster Epochen und Nutzungsmöglichkeiten ist eine Herausforderung, die mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird.
Geschichte
Der Gebäudekomplex der Kunsthalle Karlsruhe war zunächst als Vierflügelanlage konzipiert, wurde schließlich jedoch in Form eines zweigeschossigen Haupttrakts umgesetzt.
Die Hauptfassade zeigt eine Kombination verschiedenartiger Materialien. So wechseln sich außen Backstein und Sandstein ab. Die Formen der Fenster und Türen an der Fassade wurden im Rundbogenstil realisiert, sodass sie an die romanische Formensprache oder auch an Bauten der Renaissance erinnern.
Mit dem reich gestalteten ikonographischen Programm an der Fassade wird auf die Funktion des Gebäudes als Museum verwiesen. So lassen sich Verweise auf Künstler wie Michelangelo und Raffael, Dürer, Hans Holbein d. J. und Peter Vischer d. Ä. finden.
Großherzog Leopold von Baden entschloss 1830 neben dem vorhandenen Akademiegebäude aus dem 18. Jahrhundert im „Interesse des öffentlichen Unterrichts" eine Gemäldegalerie bauen zu lassen. Der Architekt Heinrich Hübsch plante mit seinem Entwurf für die Kunsthalle einen Ort für die Öffentlichkeit zu errichten, wo Auge, Gefühl und Gedanke Hand in Hand gehen".
Betritt man die Kunsthalle, so ist das ästhetische Gefühl der Zeit in der Architektur spürbar.
Erste bauliche Maßnahmen
Als erste Maßnahme ist die Sanierung der Vierflügelanlage des Bestandsgebäudes der Kunsthalle Karlsruhe geplant.
Als eines der ersten Museumsgebäude Europas konzipierte Heinrich Hübsch die Kunsthalle zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Gesamtkunstwerk aus Architektur, Malerei und Skulptur. Noch heute ist sie weitgehend in ihrer originalen Gestaltung erhalten.
Die angedachte Vierflügelanlage wurde bis 1846 zunächst nur im ersten Bauabschnitt umgesetzt. Hübsch nahm in die Fassadengestaltung das Venezianische Fenster auf, ein Rundbogenfenster, das seitlich von zwei kleineren rechteckigen Fenstern begleitet wird.
Rund vierzig Jahre nach der Errichtung des ersten Bauabschnitts wurde eine Erweiterung der Kunsthalle benötigt. 1891 legte Josef Durm, der Baudirektor des Großherzogtums Baden, einen neuen Entwurf vor. Wie Hübsch stellte sich Durm auch eine Vierflügelanlage vor, wovon ebenfalls nur ein Flügel schlussendlich entstand.
1909 wurde am 70. Geburtstag des damaligen Kunsthallendirektors ein ihm gewidmetes Erdgeschoss und eine oktogonale Kapelle im Hof eröffnet. Die Planung hatte Heinrich Amersbach übernommen. So wie seine Vorgänger plante und realisierte Amersbach einen Flügel. Von diesem dritten Flügel ist heute nur noch die Fassade erhaltenen.
In den 1970er-Jahren wurde ein Wettbewerb für einen neuen Ergänzungsbau ausgeschrieben, bei dem sich der Karlsruher Architekt Heinz Mohl durchsetzte. Er nahm die Idee des Vierflügelbaus von Heinrich Hübsch wieder auf, führte aber eine zeitgenössische Formensprache ein.
Was wird denn jetzt neu gedacht und gemacht?
Der heute ungenutzte Innenhof, wie ihr ihn hier seht, soll zu einer nutzbaren Fläche umgebaut werden. Der Innenhof als neue Mitte des Museums wird ebenfalls eine neue Formensprache in den Gebäudekomplex mit einbringen. Die bestehenden Fassaden bleiben erhalten, werden akzentuiert und gleichzeitig miteinander verbunden.
Die Grafiksammlung
Eine der ältesten Grafiksammlungen Europas befindet sich in der Kunsthalle Karlsruhe. Die Grundlage für die heute rund 90.000 Blätter umfassende Sammlung geht auf das badische Adelsgeschlecht zurück.
Der Fokus liegt auf Zeichnungen und Druckgrafik der altdeutschen, insbesondere am Oberrhein tätigen Meister wie Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Matthias Grünewald und Hans Baldung Grien. Radierungen der Barockzeit wie beispielsweise von Jacques Callot, Wenzel Hollar und Stefano della Bella bilden einen weiteren Schwerpunkt. Ergänzt wurden diese Bestände später durch umfangreiche Werkkomplexe großer Radierer des 18. Jahrhunderts.
Im 19. Jahrhundert wuchs die Sammlung besonders stark. Die Gründung der Kunsthalle und Kunstakademie Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten den Ausgangspunkt für die Bemühungen der Großherzöge Leopold und Friedrich, die Residenzstadt Karlsruhe zu einem überregionalen Kunstzentrum werden zu lassen.
Doch was passiert nun mit diesen Werken, wenn alles umgebaut wird?
Die Sammlung wird nach der Sanierung nicht in das Hauptgebäude zurückkehren, sondern verbleibt im Interim. Diese nicht leicht gefallene Entscheidung basiert darauf, nicht wie in den 70er Jahren alle vorhandene Kunst in den Räumen unterzubringen.
Wusstet ihr, dass die Räume eigentlich von Heinrich Hübsch für Skulpturen geplant waren?
Der Mohl-Flügel
Der Mohl-Flügel ist wohl der bekannteste der Kunsthalle Karlsruhe.
Heinz Konrad Martin Mohl (1931 - 2023) war ein deutscher Architekt und Hochschullehrer.
Zwischen 1962 und 1967 war er Regierungsbaumeister in der staatlichen Bauverwaltung. 1967 war er für vier Jahre Assistent an der Universität Karlsruhe. In den Jahren von 1974 bis 1996 lehrte er als Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, zunächst als Leiter einer Klasse für Allgemeine künstlerische Ausbildung (Umweltgestaltung), ab 1981 als Leiter einer Entwurfsklasse für Architektur, ebenfalls im Studiengang Innenarchitektur und Möbeldesign.
In Abkehr von der rein funktionellen Konzeption strebt Mohl nach einer ausdrucksvollen und vielfältigen Architektur. Er verwendet gerne komplexe Strukturen, große Volumina, überraschende Raumwirkungen und stark kontrastierende Materialien. Dessen ungeachtet sind seine Bauten niemals nur auf sich selbst bezogen, sondern nehmen trotz aller Modernität auf das städtische Umfeld Rücksicht.
Mohls Kupferstichkabinett in der Kunsthalle Karlsruhe ist strukturiert wie eine Basilika. Dabei wurden auch die Einbaumöbel von ihm konzipiert. Der Mohl-Flügel soll weitgehend unverändert gelassen werden. Lediglich das gläserne Treppenhaus wird etwas zugemauert und die Wände sollen mobil gestaltet werden.
Die Kunsthalle als Denkmal von besonderer Bedeutung muss dabei jedoch nach neuesten Standards ausgerüstet werden. Der Mohl- Flügel, der Anfang der 80er Jahre entstand, hat viele Glasfenster. Problematisch ist das Glas, das nicht mehr den Sicherheitsanforderungen von 2023 entspricht.
Zudem musste bereits vor mehreren Jahren eine Lösung gesucht werden. Das Glasdach Mohls sollte ursprünglich viel Licht in den Innenraum lassen. Allerdings erhitzte sich der Raum so schnell, wie einem Gewächshaus.
Die letzten Bilder haben mich persönlich sehr bewegt. Weiße und leere Wände in einem Museum sind gespenstisch und irritieren ungemein. Zudem war ich bei der Führung tief bewegt. Ästhetisches Empfingen ist relativ, aber egal ob Hohe Decken mit Fresken aus dem vorletzten Jahrhundert, oder große Glasfenster und Obergaden aus den 80er Jahren - beides versprüht seinen eigenen ganz besonderen Charme.
Der Umzug der Kunstwerke
Apropos leere Wände, was passiert eigentlich mit den Kunstwerken während des Umbaus?
Alle Kunstwerke, von Gemälden über Drucke bis hin zu Skulpturen mussten für den Umbau sicher, schnell und effizient umgezogen werden. Für jedes einzelne Werk mussten dabei die Anforderungen geprüft werden.
Das bedeutet: wie kann das Werk transportiert werden? Gibt es besondere Ansprüche, auf die geachtet werden muss, wie zum Beispiel die Temperaturen? Manche Werke müssen dabei vorsichtiger behandelt werden, als andere, da das Material nicht so robust ist oder die Farbigkeit besonders behandelt werden muss.
Bei jedem Werk wurde auch geprüft, ob es in eine einzelne Kiste muss, ob eine Klimakiste notwendig ist oder ob Sammelkisten denkbar sind. Danach wurden die auf dem Bild erkennbaren Kunsttransportkisten angefertigt.
Solche großen Umzüge und Aktionen werden häufig auch genutzt, um eine Inventur durchzuführen. Die Werke werden dann von den Restaurator:innen geprüft und es wird festgestellt, ob die Werke eine Verglasung benötigen. So können die Sammlungen bewahrt werden.
Spannend ist, dass solche Kisten auch häufig von unterschiedlichen Museen gemeinsam genutzt werden. Bei Sammelkisten ist dies kein Problem, nur bei individuell für bestimmte Werke angefertigten Kisten können diese nicht wieder verwendet werden. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit!
Das Treppenhaus von Heinrich Hübsch
Was aber passiert mit Werken und Malereien in der Kunsthalle Karlsruhe, die nicht in Kunsttransortboxen untergebracht werden können?
Hier zu sehen ist das repräsentative Treppenhaus erbaut von Heinrich Hübsch.
Das wunderbare Fresko ließ sich am Tag der Entstehung der Fotos wunderbar sehen. Dies ist allerdings nur an Tagen mit Sonnenschein so der Fall, da das riesige Gemälde sehr dunkel und das Treppenhaus nicht ausreichend beleuchtet ist. Moderne Lichttechnik soll das Fresko sprichwörtlich zum Strahlen bringen, sodass im Treppenhaus einiges an der Elektrik verändert werden muss.
Dieses überdimensional große Fresko kann allerdings nicht aus dem Treppenhaus entfernt werden, sondern muss während den Renovierungsarbeiten an seiner ursprünglichen Stelle bleiben. in enger Abstimmung mit den Restaurator:innen musste dafür im Vorfeld geklärt werden, wie das Fresko während der Sanierung schützen werden kann. Staub und Erschütterungen müssen im Vorfeld mit eingeplant werden. Daher sind hier eine gute Planung und schützende Maßnahmen für das Fresko enorm wichtig.
Ähnlich verhält es sich mit den Türen links und rechts. Sie sind original bauzeitlich und sollten in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben. An dieser Stelle lassen sich jedoch die Probleme, die ein so großer Umbau von alter Bausubstanz mitbringen, deutlich machen. Verschiedene Interessen sind hier nicht miteinander vereinbar. Zum einen sollen die Räume nach modernsten Standards aufgerüstet werden, zum anderen spielen Denkmalschutz und die Erhaltung der Ästhetik eine nicht mindere Rolle.
Problematisch ist, dass die historischen Türen nicht mehr den Sicherheitsvorgaben von heutigen Treppenhäusern entsprechen. Gleichzeitig überwog an dieser Stelle die Argumentation des Denkmalschutzes. Daher werden die Türen nicht technisch aufgerüstet, sondern restauriert und dann wieder an derselben Stelle eingebaut. Die Sicherheitsmaßnahmen werden anderweitig umgesetzt.
Im Gegensatz zu einigen anderen Türen im Haus. Diese imitieren nur die Erbauungszeit und können ohne Probleme aufgerüstet werden.
Viel zu große Bilder
Noch schwieriger ist es übrigens mit Bildern, die zwar mobil sind, aber eigentlich nicht beweglich - klingt komisch, oder?
Genau das ist aber in der Kunsthalle passiert.
Drei überdimensional große Wandgemälde mussten als letzte Aktion aus den Räumen gebracht werden. Bei solchen riesigen Gemälden verhält es sich leider so, dass sie auf unterschiedliche Weisen in Ausstellungsräume hineinkommen, dabei wurde aber nicht bedacht, dass die Bilder vielleicht auch wieder aus den Räumen herausgebracht werden müssen.
Teilweise werden solche großen Gemälde in den Ausstellungsräumen selbst angefertigt, sodass nie vorgesehen war, die Bilder umzuziehen. In anderen Fällen wurden die Bilder bereits im Aufbau des Gebäudes während der Bauarbeiten mit in das Gebäude integriert und was leider häufig auch der Fall ist, dass in der Vergangenheit Gemälden eine andere WErtschätzung als heute entgegen kam und die Leinwände teilweise zerschnitten und in Stücken in anderen Räumen wieder zusammen gesetzt wurden.
In der Kunsthalle wurden die Bilder mit viel Aufwand und Vorplanung zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens aus dem Gebäude gebracht. Dabei wurden die großen Gemälde in Kisten verpackt durch die erhöhten Fenster mit Kränen durch manövriert. In Millimeterarbeit konnten dann die Bilder durch den Fensterrahmen geleitet werden. Sogar Straßensperrungen wurden für die Aktion vorgenommen - das alles für die Kunst, ist das nicht grandios?
Die Bilder sind nun übrigens sicher in einem Depot in München angekommen. Im Vorfeld wurde der Versuch gestartet, die Bilder in anderen Kunsthäusern und Museen unterzubringen, was jedoch aufgrund ihrer Größe unmöglich war. Im schlimmsten Fall hätten dort die Bilder wiederum mühevoller Arbeit in die Ausstellungsräume gebracht werden müssen.
Der Bodenbelag
Die Abtragung des Bodenbelages macht hier noch deutlich, dass viel mehr bedacht werden muss, als der reine Umbau eines so großen historischen Gebäudes. Denn wie hier können durch die Untersuchungen an der Boden- und Deckenstruktur auch historisch bedeutsame Erkenntnisse gezogen werden. Fragen nach Materialität und Aufbau eines solchen Gebäudes können sich damit aufklären lassen.
Die Räume der Kunstvermittlung
Diesen Raum wird es auf diese Weise nach dem Umbau nicht mehr geben wird. Unterirdisch befindet sich derzeit noch der Raum der Kunstvermittlung der Kunsthalle. Hier im Keller konnten Kinder Kunst erfahren und selbst ausprobieren.
Mit dem Abschluss der Sanierungsarbeiten wird die Kunstvermittlung in das Zentrum des Gebäudes rücken. Die neuen Räume werden die gesamte ehemalige Etage der Verwaltung belegen und dort ihre Werkstätten haben.
Der gezeigte Raum wird damit öffentlich gemacht. Denn die gezeigten Räume befinden sich unter dem heutigen Innenhof, der durch die Sanierung umgenutzt werden soll. Im Untergeschoss werden hier schon alle Maßnahmen vorgenommen, um einen Tunnelstutzen zu planen, damit später ein Tunnel unter der Straße hindurchführen kann.
In der Zwischenzeit werden die Räume für die Skulpturensammlung genutzt. Beim tatsächlichen Tunneldurchgang können dann Einführungen in neue Ausstellungen präsentiert werden.
Danke
Die Reise durch die gespenstische Kunsthalle Karlsruhe war für mich ein ganz besonderes Erlebnis. Neben ganz besonderen Einblicken war es für mich das erste Mal, auf so einer großen Baustelle dabei zu sein. Mir persönlich war nicht klar, was für ein Aufwand dahinter steckt, ein denkmalgeschütztes Gebäude zu sanieren und dabei alles zu bedenken, um das Gebäude nach heutigen Standards wieder nutzbar zu machen. Ich bin gespannt auf die Neueröffnung!