Das Niederwalddenkmal in Rüdesheim
Das Niederwalddenkmal
Die Bedeutung des Niederwalddenkmals
Das Niederwalddenkmal befindet sich oberhalb der Stadt Rüdesheim am Rhein. Ich erinner mich noch, wie imposant es auf mich gewirkt hat, als ich es zum ersten Mal gesehen habe. Eine überdimensionierte Monumentalplastik streckt sich dem Himmel entgegen. Doch für was steht dieses Denkmal eigentlich?
Zunächst sollte das Denkmal an die Einigung Deutschlands 1871 erinnern. Anlass für die Errichtung ist der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 und die Beendigung dessen. Aus diesem Grund war auch der gewählte Standort besonders wichtig. Am Rhein befindlich und sich damit an die Rheinromantik erinnernd, war bei Rüdesheim der perfekte Platz. Als geschichtsträchtiger Standort und Schauplatz deutscher Sagen- und Märchenerzählungen war der Platz für das Denkmal prädestiniert. Planung und Bau dauerten insgesamt zwölf Jahre.
Das Niederwalddenkmal gehört zu einer Reihe von Denkmälern, die in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs entstanden. Besonders daran ist vor allem die monumentale Wirkweise. Weitere Denkmäler wären Beispielsweise das Barbarossadenkmal, das Deutsche Eck und das Hermannsdenkmal.
Das Figurenprogramm
Es handelt sich bei der Hauptfigur zuoberst auf dem Denkmal um Germania. Sie ist über 12,5 Meter hoch und befindet sich auf einem Sockel. Hinter ihr befindet sich ein Thron mit Adlerwagen - er steht für den Thron des Kaisers. Wie bei allen Skulpturen und Plastiken liegt die Bedeutung im Detail. Ihr Kopf ist leicht nach links gedreht und sie schaut damit Richtung Osten: ihr Kopf ist also Deutschland hingewandt. In ihrer rechten Hand hält sie die Reichskrone. Diese ist wiederum mit einem Lorbeerkranz geschmückt. Mit ihrer anderen Hand hält sie fest ein langes Schwert umklammert. Krone, Lorbeeren und Schwert sind traditionelle Attribute antiker römischer Kaiser. Die gewählten Symbole reihen sich in eine klassische Darstellung von Sieg und Macht ein. Die Präsentation traditioneller Symbole antiker Kaiser durch die Figur der Germania ist als Legitimation deutscher Herrscher also nichts Ungewöhnliches.
Der Sockel auf welchem sich Germania befindet trägt die Inschrift: „ZUM ANDENKEN AN DIE EINMUETHIGE SIEGREICHE ERHEBUNG DES DEUTSCHEN VOLKES UND AN DIE WIEDERAUFRICHTUNG DES DEUTSCHEN REICHES 1870–1871“. Weitere symbolgeladene Objekte schmücken ebenfalls den Sockel. So mahnen Palmzweige nach christlicher Tradition den Gefallenen zu gedenken. Kränze schmücken darüber hinaus die Wappenreihe der vier Königreiche Sachsen, Preußen, Bayern und Württemberg.
Ein Relief in Menschengröße zeigt darunter 133 Personen. Mittig ist König Wilhelm von Preuße gezeigt, recht und links sammeln sich die Generäle und Fürsten Norddeutschlands und Süddeutschland.
Aber was ist eigentlich überhaupt eine Denkmal?
Zunächst lässt sich ein Denkmal in zwei unterschiedliche Kategorien einteilen:
Denkmal als Erinnerungsort
Ein Denkmal kann zum Gedächtnis und zur Erinnerung einer Person oder eines Ereignisses errichtet werden. Häufig sind solche Denkmäler überdimensional groß. Man spricht in diesem Fall dann auch von einem sogenannten Monument. Häufig sind solche Denkmäler in Form einer Skulptur oder Plastik errichtet. Ein Beispiel hierfür wäre die oben genannte Germania. Bei Darstellungen von Herrschern griff man oft auch auf die Darstellung eines Reiterstandbildes zurück. Wichtig ist an dieser Stelle, dass ein Denkmal aber nicht unbedingt figürlich sein muss. Auch Denkmäler die als Erinnerungsstätten in Form von Triumphbögen, Brunnen oder Mahnmalen errichtet wurden/ werden, zählen dazu.
Denkmal als zu erhaltendes Zeitzeugnis
Ein Denkmal kann aber ebenfalls ein zu schützendes Gut sein. In diesem Fall gibt es keinen spezifischen Grund zur Errichtung und Erinnerung an eine Person oder ein bestimmtes Ereignis. Viel mehr steht hier das Erhalten und Bewahren im Vordergrund. Es kann sich dabei um Gebäude, Skulpturen, Brunnen, Kunstwerke oder sogar ganze Häuserzeilen handeln. Es gilt dabei, Kultur-Erzeugnis zu schützen und für kommende Generationen zu erhalten. In diesem Zusammenhang denkt man vielleicht auch direkt an ein “UNESCO-Welterbe”.
Denkmal und Monument
Das Wort Denkmal definierte bereits Martin Luther als eine „Gedächtnisstütze“. Luther verwendet es als Übersetzung für das griechische mnemosynon und das lateinische monumentum (lat. monēre = „gemahnen“, „erinnern“). So lässt sich auch das Wort “Monument” herleiten. Wobei man unter einem Monument im deutschen Sprachgebrauch eher ein besonders großes, überdimensioniertes Objekt versteht. Wichtig ist an dieser Stelle, dass trotz der beiden Kategorien von Denkmälern eines deutlich wird. Zum einen ist der Definitionsrahmen des Begriffs Denkmal von den anzulegenden historischen Rahmenbedingungen abhängig. Zum anderen wird gleichzeitig ersichtlich: egal wie groß, ob Reiterstandbild, oder Fachwerkhaus, ob Kriegerdenkmal oder jugendstilistische Fassadengestaltung, die Erhaltung historischer Bauobjekte und Skulpturen ist ein wesentlicher Bestandteil, um die Vergangenheit aufarbeiten zu können.
Sprachliche Barrieren
Bei dem Begriff des Denkmals und meiner Recherche danach, bin ich unweigerlich auf das Problem der Begrifflichkeit gestoßen. Da das Wort Denkmal zwei unterschiedliche Kategorien bezeichnen kann, ist es nicht eindeutig, von was gerade die Rede ist.
Gerade im Bereich der Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften ist eigentlich zwingend notwendig eine eindeutige Sprache zu finden, mit Begriffen, die klar zugeordnet werden können.
Tatsächlich ist mir eine solche Problematik während meines Studiums häufig begegnet. Interessanterweise sehe ich gerade bei dem Wort “Denkmal” kein unlösbares Problem.
Ein Denkmal mahnt entweder durch seinen Errichtungszweck an ein zu erinnerndes Ereignis oder erinnert durch seinen historischen Wert an seinen historischen Kontext. Gleichzeitig sind ebenso Aspekte der Erinnerungskultur und Dauerhaftigkeit ein wichtiger Faktor. Zu erinnern gilt es jedoch an beides: die Geschichte selbst und die Geschichte, die wir durch Objekte vermittelt bekommen können.