Das Esslinger Stadtarchiv

Das Esslinger Stadtarchiv

Klein aber fein scheint zunächst das Gebäude des Esslinger Stadtarchivs zu sein. Aber da steckt viel mehr dahinter!

Die Allerheiligenkapelle

Das Esslinger Stadtarchiv

Das Stadtarchiv hat zwei Stellen in Esslingen. Die Hauptstelle des Stadtarchivs sitzt in der ehemaligen Allerheiligenkapelle am Georg-Christian-von-Kessler-Platz 10.

Die Allerheiligenkapelle findet ihre erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1326. Die Kapelle wurde um die Mitte des 13. Jahrhunderts an der Stadtmauer errichtet. Besonders sind die Buckelquader in der südlichen Längsseite des Gebäudes, die aus dieser Zeit noch vorhanden sind.

Der Kapellenbau lag ursprünglich ebenerdig und war zweigeschossig, das Untergeschoss wurde als Beinhaus genutzt, nachdem Knochen vom Friedhof der Stadtkirche St. Dionys umgebettet werden mussten. Heute liegt dieses Beinhaus praktisch im “Keller” - denn das Terrain wurde über die Jahrhunderte hinweg aufgefüllt mit Stein, Lehm und Knochenmaterial aus dem Gräberfeld um St. Dionys. Durch diese Anhebung des Straßenniveaus wurden später die spitzbogigen Blendarkaden auf den anderen Seiten des Untergeschosses weitgehend verdeckt.

Das Obergeschoss dürfte ursprünglich eine Zwerggalerie mit Rundbogen besessen haben, die jedoch nur noch aus Durchgängen in den Strebepfeilern und zweier erhaltener Konsolen mit Bodenansätzen erschlossen werden kann. Auf der Westseite befand sich ein Glockengiebel mit zwei Spitzbogenfenstern.

Das Innere - ein Ort kollektiver Trauer

Im Inneren der Allerheiligenkapelle in Esslingen lässt sich ein besonderes Kleinod finden.

In Esslingen blieb viel erhalten, auch während des 2. Weltkriegs. Allerdings wurde in den Esslinger Gebäuden die Innenausstattung weitestgehend zerstört. Umso wichtiger ist es, dass solche Gemälde erhalten blieben und bis heute noch Aufschluss über die Geschichte Esslingens erhalten blieben. Viele profane und sakrale Kunstwerke gibt es heute nicht mehr - doch das Fresko im Inneren der Kapelle blieb erhalten.

Das gezeigte Wandgemälde ist eines der bedeutendsten mittelalterlichen Gemälde Esslingens. Dies lässt sich nicht nur an der Darstellung erkennen, sondern auch an der Schreibweise verschiedener Wörter. So befindet sich unter dem Kreuz eine Datierung die aussieht wie halbe achten - tatsächlich handelt es sich aber um eine mittelalterliche Kennzeichnung der Zahl 4, denn im Jahr 1444 wurde dieses Fresko an der Ostwand des Kapellengeschosses angebracht.

Das Esslinger Stadtarchiv

Das Esslinger Stadtarchiv

Gezeigt sind unter anderem der Tod und die Himmelfahrt Mariä sowie die Kreuzigung Jesu und das Jüngste Gericht.

Am Fuß des Kreuzes findet sich der Schädel Adams als ein Symbol der Toten im Beinhaus. Somit ist diese Kapelle als Ort kollektiver Trauer zu verstehen.

In der Mitte ist Christus als Weltenrichter - Pantokrator - aus einem Regenbogen zu sehen.

Und in den Zwickeln befinden sich die Symbole der Evangelisten. Bei der Schreibweise der Evangelisten scheint entweder ein Fehler aufgetreten zu sein, oder der Maler war nicht sicher in der Rechtschreibung, denn anstatt Johannes lässt sich erkennen: Jolannes. Auch das S zeigt in die falsche Richtung.

Ebenfalls lässt sich sehr schwach im unteren Bereich das Jüngste Gericht erkennen.

Das Esslinger Stadtarchiv

Das Esslinger Stadtarchiv

Eine Öffnung in der Wand erinnert an eine ehemalige Sakramentsnische.

Im Zuge der Reformation 1531 wurde die Kapelle profaniert und das Fresko vergessen.

Der zweite Standort

Der Umbau zum Archiv erfolgte 1610. 1940 wurde eine Renovierung und eine Umgestaltung des Inneren des Gebäudes von Walter Eisele vorgenommen. Die ehemalige Allerheiligenkapelle gilt als ältestes erhaltenes Beispiel für ihren Bautyp in Baden-Württemberg und legt mit ihrer Orientierung an staufischer Architektur Zeugnis von der überregionalen Bedeutung der Stadt zur Bauzeit ab. Einen Ausblick aus der Nebenstelle des Stadtarchivs seht ihr hier:

Das Esslinger Stadtarchiv

Seit 2006 liegt die Nebenstelle in umgebauten Räumen der ehemaligen Maschinenfabrik Roth & Müller am Georg-Christian-von-Kessler-Platz 6

Hier werden vor allem die jüngeren Bestände ab 1803 aufbewahrt. Als Mitglied des Kommunalen DIMAG-Verbunds Baden-Württemberg setzt das Stadtarchiv auf die Lösung des Landesarchivs für die digitale Langzeitarchivierung.

Die an der Fernleihe teilnehmende stadthistorische und archivwissenschaftliche Bibliothek sitzt in der Hauptstelle und hat rund 22.000 Titel. Sie ist Teil des Südwestdeutschen Bibliotheksverbunds.