Chapelle de Languidou

Chapelle de Languidou

Chapelle de Languidou

Heute soll die Ruine der Chapelle de Languidou im Fokus stehen. Sie befindet sich in der Bretagne und ist auf jeden Fall einen Ausflug wert. Denn sie erzählt nicht nur eine jahrhundertelange Geschichte der christlichen Religion, sondern es läst sich an ihr auch die baugeschichtliche Entwicklung von Kirchen der Romanik und Gotik hervorragend verdeutlichen.

Ein wunderbares Überbleibsel aus dem 12. Jahrhundert ist die Chapelle de Languidou in der Gemeinde Plovan. Zugerechnet wird sie der Bauschule von Pont-Croix, einem nahe gelegenen Ort im Westen der Bretagne in Frankreich. Vermutlich wurde sie in den Jahren 1160 - 1260 errichtet und weist spätromanische beziehungsweise sehr frühe gotische Formen auf.

Chapelle de Languidou

An der Ruine lässt sich insbesondere die Bauweise von Kirchen dieser Zeit studieren. So handelt es sich um eine circa 22 Meter lange und 13 Meter breite Kapelle, die an einem leichten Hang errichtet wurde. Erkennbar an den beiden Nebenaltären und dem Hauptaltar mittig handelt es sich um einen dreischiffigen Kirchenbau. Die bis heute vorhandenen Säulen geben einen Abstand von vier Jochen für das Langhaus und zwei Jochen für den Chor vor.

Chapelle de Languidou

Chapelle de Languidou

Die heutige Ruine ist die Folge der Französischen Revolution. 1795 wurde die Kapelle verkauft und teilweise zerstört, um aus den Steinen Bauten für das Militär zu erschaffen. Erst viel später stellte man die Kapelle unter Denkmalschutz und sicherte sie, sodass das heutige Erscheinungsbild erhalten werden konnte. Namensgebend für die Kapelle war der französische Guy, bretonisch auch Quidou, Guidou oder Guideau - ihm entspricht der heilige Vitus. Als einer der 14. Nothelfer wird er als Heiliger und Märtyrer von der katholischen Kirche verehrt. Religion nimmt in der Bretagne eine exponierte Position ein. Bis ins letzte Jahrhundert hinein war der Einfluss der Kirche enorm.

Flammende Fensterrose

Chapelle de Languidou

Der Blickfang der Chapelle de Languidou ist die Fensterrose, die östlich die Apsis dominiert. Die Ausrichtung nach Osten ist eine klassische Bauweise, zahlreiche Kirchen wurden nach ganz bestimmten Kriterien nach den Himmelsrichtungen erbaut. Diese sogenannte Ostung in Richtung der aufgehenden Sonne hat vor allem bei frühchristlichen und mittelalterlichen Kirchen der Romanik und Gotik eine große Bedeutung. Da es von Christus heißt Oriens orientium universum obtinet (= Der Aufgang aller Aufgänge regiert das All) und der Sonnenaufgang als Symbol der Auferstehung galt, wurden die Längsachsen der Kirchen danach ausgerichtet. So befindet sich auch hier der Chor mit dem Altar im Osten, der Haupteingang im Norden und Süden. Es lässt sich damit auch erahnen, welche Farben und Schattenwürfe die aufgehende Sonne in das Innere der Kirche durch die Fensterrose geworfen haben muss.

Chapelle de Languidou

Das Glas ist heute leider nicht mehr erhalten, dafür das beeindruckende Maßwerk, das Aufschlüsse über seine Entstehungszeit verrät. Als jüngeres Bauteil als die ursprüngliche Kapelle, verweist die Ausarbeitung des Maßwerks auf die letzte Phase der Gotik in Frankreich. Diese Zeit des “Flamboyant” lässt sich insbesondere an den namensgebenden flammenden Überlagerung bestimmter Formen am Maßwerk festmachen.

Auf das 16. Jahrhundert datiert, ist die Rose viel jünger als die großen Arkaden des Chors und des Kirchenschiffs. Während der Rest der Kapelle der Architekturschule des Point-Croix zugeordnet werden kann, ist die Apsisseite durch ihre Ausgestaltung deutlich davon zu unterscheiden.

Durch die großen Veränderungen über Jahrhunderte hinweg, sowie die Qualität der Dekoration der älteren Gebäudeteile, also die großen Arkaden und Zwerchbögen, als auch die jüngere Fensterrose wird deutlich, dass Languidou sicherlich weit mehr als eine einfache Ortskapelle war.

Lage und Entwicklung

Die Kapelle von Languidou liegt in einem kleinen Tal, das sich auf die niedrige, sumpfige Küste der Bucht von Audierne öffnet. Die Kapelle befindet sich am linken Ufer des Baches, auf gleicher Höhe mit diesem.

Chapelle de Languidou

Chapelle de Languidou

Die Kapelle ist von einem großen Kreuzgang umgeben, der von einer Mauer eingefriedet ist, die offensichtlich in jüngerer Zeit restauriert oder sogar neu errichtet wurde. Der Eingang zum Kreuzgang ist von zwei gemauerten Pfeilern umgeben, wovon eine dieser beiden Säulen das Datum 1751 trug. Der Kreuzgang beherbergt einen Kalvarienberg und zwei protohistorische Stelen und diente lange Zeit als Hauptfriedhof für die Pfarrei von Plovan.

Chapelle de Languidou

Die beiden protohistorischen Stelen mit ihren verjüngten Flanken stammen möglicherweise aus der Eisenzeit. Ihr Vorhandensein, sofern sie nicht verschoben wurden, würde belegen, dass der Ort Languidou seit langem als Kultstätte genutzt wurde. Darauf verweist auch der Name: Languidou ist ein bretonisches Wort, das "Einsiedelei" oder "Kloster des heiligen Guidou" bedeutet. Die Vorsilbe Lan- in einem bretonischen Ortsnamen ist ein Zeichen dafür, dass an dem so bezeichneten Ort eine lange kulturelle Nutzung existiert.

Chapelle de Languidou

Die heutige Kapelle wurde Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet. Diese Datierung beruht auf der Untersuchung zweier lateinischer Inschriften, die in die zwei Kapitelle eingemeißelt sind. Die Inschriften verweisen jeweils auf den Baumeister.

Die Schule von Point Croix

Die Chapelle de Languidou wird der Schule von Point-Croix zugeordnet. Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert von dem Architekten Joseph Charles Chaussepied geprägt und ordnet einen bestimmten Baustil aus der Zeit zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert im Südwesten der Bretagne ein. Besonders auffällig an Gebäuden der Schule von Point-Croix ist die besonders feine Verarbeitung von Säulen im Stile der Romanik, während die restlichen Gebäudeteile sich an der Gotik orientierten.

Erkennen lässt sich dieser Stil unter anderem an den schönen polylobierten Pfeilern der großen Arkaden, die wie häufig bei Gebäuden dieses Stils, auf breiten Sockelbänken stehen. Im Gegensatz zum Chor sind die Sockel der Pfeiler des Kirchenschiffs alle quadratisch.

Ein weiteres Merkmal der Gebäude der Schule von Pont-Croix ist die häufige Abwechslung der Pfeilerprofile auf derselben Arkadenreihe (vier, sechs oder acht Säulen); diese Abwechslung geht jedoch mit einer strengen Nord-Süd-Symmetrie einher, die hier nicht eingehalten wird.

Chapelle de Languidou

Chapelle de Languidou

Von den beiden Querbögen der Seitenschiffe ist nur der südliche Bogen erhalten geblieben. Er ist vollständig. Er ist ein doppelt gerollter Rundbogen mit einer starken Rippe an der Leibung, die auf dem Erker ruht, der für die Schule von Pont-Croix charakteristisch ist.

Chapelle de Languidou

Auffällig ist bei Sakralbauten dieser Art im Finisère, also im Südwesten der Bretagne, dass für die Gebäude ausschließlich Materialien aus der Umgebung verwendet wurden. Es scheint eine Art Mischform zwischen klassischen romanischen und gotischen Kirchenbauten und den Einflüssen des Keltentums zu sein, die im Charakter dieser Gebäude mitschwingt. Schwere große Sandsteine, die handwerklich nicht zur Perfektion gemeißelt sind, überzogen von Flechten, geben die Formensprache mittelalterlicher Kirchen wieder und verleihen ihnen gleichzeitig durch die zurückhaltende Ausgestaltung ihren besonderen Charme.

Das Material erzählt die Geschichte von keltischen Glaubenskulten bis hin zu christlich gelebten Werten.